Die Menstruation hat schon immer eine kulturelle und historische Bedeutung. Sie wurde als Symbol für Fruchtbarkeit und Weiblichkeit angesehen. In vielen Gesellschaften hat der Menstruationszyklus noch immer eine tiefe kulturelle und auch religiöse Bedeutung. Gleichzeitig findet in den heutigen westlichen Gesellschaften ein Wandel statt. Während viele Frauen den Menstruationszyklus als natürlichen Teil ihres Körpers ansehen, empfinden andere die damit verbundenen monatlichen Begleiterscheinungen und Schmerzen als störend oder sogar belastend.
Die meisten Frauen verhüten noch immer nach dem klassischen Schema mit 7-tägiger Pause, aber es gibt mehr und mehr Frauen, die auf eine Pause verzichten und die Pille durchnehmen wollen.
Warum das 21/7-Schema?
Als 1961 die erste Pille auf den Markt kam, wählten die Entwickler bewusst ein Einnahmeschema, das den natürlichen Zyklus der Frau nachahmt. Der Grund hierfür war jedoch nicht die medizinische Notwendigkeit, sondern vielmehr der Versuch, die Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft und insbesondere der Kirche zu erhöhen. Dadurch hat sich der Glaube verfestigt, dass eine monatliche Regelblutung für die Gesundheit der Frau unerlässlich ist.
Wichtig zu wissen:
Der Zyklus unter Pilleneinnahme ist kein echter, sondern ein künstlicher Zyklus! Die normalen Phasen wie Eizellreifung, Eisprung und Aufbau der Gebärmutterschleimhaut werden verändert oder fehlen ganz. Die Blutung in der Pillenpause ist also keine echte Menstruation, sondern eine künstlich hervorgerufene Abbruchs- oder Entzugsblutung.
Seit den 1970er Jahren hat die wissenschaftliche Forschung die potenziellen Vorteile der kontinuierlichen Einnahme der Antibabypille beleuchtet und die langjährige Tradition des monatlichen Zyklus infrage gestellt.
Nach aktuellem Stand der Wissenschaft ist es medizinisch gesehen nicht notwendig, eine Pillenpause einzulegen. Daten zeigen sogar, dass bei zyklusabhängigen Beschwerden und Erkrankungen eine Einnahme im Langzyklus (ohne Pillenpause) sinnvoll ist.
Dazu ein Statement aus den deutschen medizinischen Leitlinien (S3-Leitlinien): “Kombinierte hormonelle Kontrazeptiva besitzen im konventionellen Einnahmezyklus und im Langzyklus eine gleich hohe kontrazeptive Sicherheit. Es gibt keinen Hinweis auf unterschiedliche Gesundheitsrisiken. Menstruationsassoziierte Beschwerden treten in Langzyklen in geringerem Maße auf als bei einer konventionellen KOK-Anwendung.“
Für wen ist eine Pilleneinnahme im Langzyklus besonders geeignet?
Frauen, die starke Regelbeschwerden haben oder bei denen während der Pillenpause zyklusbedingte Beschwerden bestehen, profitieren von einer Einnahme im Langzyklus. So können beispielsweise Regelschmerzen, Blähungen, Brustspannen und Migräneattacken vermindert werden.
Auch für Frauen, die aufgrund von starken Regelblutungen (z. B. wegen Myomen) an Eisenmangelanämie leiden, könnte eine Einnahme ohne Pause sinnvoll sein.
Bei Erkrankungen wie Endometriose, Polyzystischem Ovarsyndrom (PCOS) oder PMS/PDMS, die eine zyklusabhängige Symptomatik aufweisen, wird häufig empfohlen, die Pille durchzunehmen.
Der Langzyklus erhöht die kontrazeptive Wirksamkeit
Wieso? Beim herkömmlichen Einnahmeschema kommt es während der Pause zu einem Anstieg des Hormons, welches die Follikelreifung stimuliert. Während der Pause und auch in der ersten Woche des neuen Pillenzyklus können diese Eizellen weiter reifen. Deshalb ist das Risiko, schwanger zu werden, besonders hoch, wenn man in dieser Zeit die Pille vergisst. Schon eine Verkürzung der Pause auf vier Tage führt dazu, dass die beginnende Follikelreifung effektiver unterdrückt wird (z.B. beim 24/4-Schema). Am höchsten ist der Empfängnisschutz aber bei einer kontinuierlichen Einnahme ohne Pause. Auch bei einmalig vergessener Pilleneinnahme im Langzyklus bleibt die Wirksamkeit bestehen (außer der Fehler passiert kurz vor der Pause).
Vor- und Nachteile des Langzeitzyklus
Vorteile: | Nachteile: |
Weniger zyklusabhängige Beschwerden und weniger Regelbeschwerden. Also weniger Krämpfe, Blähungen, Stimmungsschwankungen und Kopfschmerzen. | Möglicherweise unregelmäßige und unvorhersehbare Schmier- oder Zwischenblutung. |
Die Häufigkeit und Stärke der Blutungen werden reduziert. (Weniger Eisenmangelanämie bei Frauen mit sonst starken Blutungen) | Eine längere Einnahme hormoneller Verhütungsmittel kann die allgemeinen Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Stimmungsschwankungen oder Libidoveränderungen verstärken. |
Erhöhte kontrazeptive Wirksamkeit. | Begrenzte Forschung zu Langzeitwirkungen. |
Kontrolle über die Menstruation und dadurch Mitbestimmung und Flexibilität. | Ausbleiben der Periode als Anzeichen für eine Schwangerschaft: Für manche Frauen ist das Ausbleiben der Regelblutung ein Zeichen dafür, dass sie nicht schwanger sind. Bei Einnahme im Langzeitzyklus fehlt diese Form der „Kontrolle“. |
Was bedeutet Langzyklus genau und welche Einnahmeschemata gibt es?
Die Pille im Langzyklus einzunehmen bedeutet, dass man die Pille durchnimmt, also die Einnahmepause nach 21 Tagen weglässt und stattdessen gleich mit einem neuen Blister beginnt. Die speziell hierfür zugelassenen Langzyklus-Präparate sehen nach drei Blistern (84 Tagen) eine Pause vor. Allerdings ist dies nicht zwingend erforderlich. Eine längere Einnahme macht zum Beispiel Sinn, wenn während der ersten drei Monate Zwischenblutungen auftreten. Im Optimalfall hören diese dann in der "Verlängerung" auf. Eine Pillenpause kann grundsätzlich bei Bedarf eingelegt werden. Dauern z.B. die Zwischenblutungen über viele Tage an, kann man die Pilleneinnahme kurzfristig für drei bis vier Tage aussetzen, um die Blutung zu stoppen.
Die meisten Gynäkologen raten allerdings dazu, nicht mehr als drei Blisterpackungen am Stück zu nehmen. Lass Dich dazu am besten individuell von Deinem Frauenarzt oder Deiner Frauenärztin beraten.
Warum? In kurzfristigen Studien wurde die Sicherheit und Wirksamkeit der kontinuierlichen Einnahme der Pille belegt. Zu den langfristigen Folgen (inklusive der Auswirkung auf die Knochendichte etc.) gibt es aber nur begrenzte Untersuchungen.
Ein Überblick über die Schemata bzw. die Begriffe, die üblicherweise verwendet werden:
Konventionelles Schema | 28 Tage -Zyklus (21 Tage Hormone / 7 Tage hormonfreie Placebo Tabletten) |
Konventionelles Schema mit verkürzter Pause | 28 Tage-Zyklus (24 Tage Hormone/4 Tage hormonfreie Tabletten) |
Langzyklus | Pilleneinnahme ohne Pause über 84 oder 91 Tage, danach eine Pillenpause über 7 Tage |
Flexibler Langzyklus und modifizierter Langzyklus | Das hormonfreie Intervall (die Pause) wird individuell nach Präferenz gewählt oder zum Beispiel kurzfristig, wenn Blutungsstörungen auftreten. |
Kontinuierliches Schema | Langzyklus über lange Zeit komplett ohne Pause. |
Welche Pillen sind für den Langzyklus geeignet?
Grundsätzlich kann man jede Einphasen-Mikropille auch im Langzyklus einnehmen. Dabei handelt es sich um Pillen, die Östrogen- und Gestagen in geringer Dosierung enthalten und bei denen im Gegensatz zu den Mehrphasenpräparaten jede Tablette eine identische Hormondosis enthält. Die meisten dieser Mikropillen sind zwar nicht offiziell für diese Anwendungsart bestimmt, sie können aber prinzipiell bedenkenlos durchgenommen werden. Es gibt in Deutschland mittlerweile drei Pillen, die speziell für den Langzyklus angeboten werden. Lass Dich dazu am besten von Deinem Frauenarzt beraten.
Letztlich ist die Entscheidung, ob ein „traditioneller“ monatlicher Zyklus bestehen bleiben soll oder die Pille kontinuierlich ohne Pause eingenommen wird, eine ganz persönliche Entscheidung. Sie sollte in Absprache mit einem Arzt und auf der Grundlage der individuellen gesundheitlichen Bedürfnisse und Präferenzen getroffen werden.
Lass Dich von Deiner Gynäkologin beraten. Um eine fundierte Entscheidung über Deine reproduktive Gesundheit zu treffen, ist Wissen und Aufklärung ein wichtiger Baustein.
Quellen:
S3-Leitlinien Hormonelle Empfängnisverhütung 2. Kontrazeption im Langzyklus (Der Gynäkologe 52, pages98–106 (2019) 3. pro familia medizin (NR. 2 November 2016)