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Kinderwunsch & Schwangerschaft

Folsäure in der Schwangerschaft

  • Das Wichtigste auf einen Blick
  • In deinem Körper teilen sich rund um die Uhr unzählige Zellen. Dabei muss jedes Mal auch das komplette Erbgut, die DNA, möglichst fehlerfrei kopiert werden. Dafür benötigt jede Zelle eine gewisse Menge Folat (Vitamin B9).
  • Ohne Folat können auch nicht genug „Arbeitskopien“ der DNA erstellt werden, sogenannte RNAs, die für die körpereigene Herstellung von (lebens-)wichtigen Aminosäuren und Proteinen gebraucht werden.
  • Folat kommt in vielen Lebensmitteln natürlicherweise vor, z.B. in Spinat, Grünkohl, Spargel, Eiern oder Leber. Doch durch eine falsche Zubereitung und/oder Lagerung können viele dieser Folate verloren gehen.
  • Damit im Bauch der Mutter ein Baby heranwachsen kann, sind extrem viele Zellteilungen in relativ kurzer Zeit notwendig. Daher haben Schwangere einen erhöhten Folat-Bedarf, den sie nicht allein über eine folatreiche Ernährung decken können.
  • Frauen, die schwanger werden wollen oder bereits sind, sollten deshalb täglich mindestens 400 Mikrogramm Folsäure (oder eine andere synthetische Folat-Quelle) in Form eines Nahrungsergänzungsmittels zu sich nehmen. Einigen Frauen werden 800 Mikrogramm empfohlen.
  • Eine ausreichende Folat-Versorgung in der Schwangerschaft kann das Baby nachweislich vor Neuralrohrdefekten („offener Rücken“), angeborenen Herzfehlern sowie vor Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalten schützen.
  • Auch werdende Väter können mit einer ausreichenden Folat-Versorgung ihre Fruchtbarkeit und ihre Spermienqualität verbessern.
  • Eine gute Folat-Versorgung kann auch vor erhöhten Homocystein-Werten schützen, die u.a. mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz in Verbindung gebracht werden.
  • Mehr als 1000 Mikrogramm synthetische Folat-Quellen, z.B. Folsäure, sollten Erwachsene pro Tag nicht ohne ärztliche Begleitung zu sich nehmen.
  • Nicht alle Folsäure-Präparate sind für Schwangere gleich gut geeignet. Welche Mittel und welche Dosierung infrage kommen, sollte immer mit einer Ärztin oder einem Arzt besprochen werden.

Folsäure – bekannt, aber wenig genutzt

Vermutlich ahnst du oder weißt du bereits, dass diese beiden Begriffe – Folsäure und Schwangerschaft – etwas miteinander zu tun haben. Dann geht es dir wie den meisten Frauen. Die Universität Magdeburg befragte z.B. mehr als 1000 Frauen, die entweder gerade schwanger waren oder kürzlich ein Kind geboren hatten. 95% von ihnen waren sich der Wichtigkeit von Folsäure bewusst (Quelle 1). In einer weiteren, an der fast 23.000 Frauen aus 18 Ländern in Europa teilnahmen, hatte ebenfalls die Mehrheit (70%) bereits von Folsäure gehört (Quelle 2).

Nur 40% nehmen Folsäure richtig ein

Alles okay also? Offensichtlich nicht, denn: In beiden Studien hatten lediglich vier von zehn Frauen, also bloß 40%, vor und in der Schwangerschaft Folsäure so eingenommen, wie es von zahlreichen medizinischen Fachgesellschaften seit Langem empfohlen wird. Anlässlich des Weltfehlbildungstages („World Birth Defects Day“) hat der Arbeitskreis Folsäure & Gesundheit in Frankfurt am Main diese Empfehlung erst kürzlich nochmal veröffentlicht und bekräftigt. Sie lautet:

Eine Empfehlung, die viele Fragen aufwirft

Auf den ersten Blick klingt das alles recht eindeutig. Doch auf den zweiten Blick stellen sich dann doch einige Fragen:

  • Was ist Folsäure überhaupt und warum ist sie gerade in der Schwangerschaft so wichtig?
  • Lässt sich der Folsäure-Bedarf nicht auch mit klug ausgewählten Lebensmittel decken? Und falls das tatsächlich nicht funktioniert, welches Nahrungsergänzungsmittel (NEM) ist dann geeignet?
  • Kann zu viel Folsäure vielleicht der Mutter und/oder dem Baby schaden?
  • Und was ist an dem Gerücht dran, dass Schwangere, die Folsäure einnehmen, häufiger Zwillinge bekommen?

 

Höchste Zeit also, hier für mehr Klarheit zu sorgen. Auf dieser Seite haben wir für dich die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt. Du willst nicht alles lesen? Kein Problem, über das Inhaltsverzeichnis kannst du direkt zu den Themen springen, die dich am meisten interessieren.

Was ist Folsäure? 

Lass uns bei der Antwort ausnahmsweise mal damit anfangen, was Folsäure nicht ist: Bei der Substanz, die damit gemeint ist – Pteroylmonoglutamat –, handelt es sich nämlich nicht um den Stoff, der natürlicherweise in vielen Lebensmitteln wie z.B. Spinat, Grünkohl oder Rinderleber vorkommt. Dieser Stoff heißt vielmehr Folat, auch bekannt als Vitamin B9. (Quelle 3)

Zum ersten Mal wurde das wasserlösliche Folat 1941 aus Blattspinat isoliert und seine chemische Struktur aufgeklärt. Der Name Folat leitet sich von dem lateinischen Wort folium ab, das auf Deutsch „Blatt“ bedeutet. Möglicherweise war die Wichtigkeit einer folatreichen Ernährung in der Schwangerschaft aber schon viel früher bekannt, auch wenn sie zu der Zeit noch nicht so genannt wurde.

Wie im Märchen

Im Märchen „Rapunzel“ der Gebrüder Grimm von 1812 plagt die schwangere Mutter der Titelheldin nämlich ein unbändiges Verlangen nach Rapunzeln, die im Garten einer mächtigen Zauberin wachsen. „Ach“, fleht sie ihren Mann an, „wenn ich keine Rapunzeln aus dem Garten hinter unserm Hause zu essen kriege, so sterbe ich.“ Der werdende Vater versucht die Rapunzeln heimlich zu stehlen, wird aber von der Zauberin erwischt. Als Wiedergutmachung verlangt sie das ungeborene Kind.

Wie die Sache ausgeht, dürfte bekannt sein. In diesem Zusammenhang kommt es aber auf etwas Anderes an: Bei den Rapunzeln (lat. Valerianella locusta), auf die die werdende Mutter so einen Heißhunger entwickelt, handelt es sich um den Gewöhnlichen Feldsalat, und dieser gehört tatsächlich zu den folatreichen Lebensmitteln, die insbesondere schwangeren Frauen bis heute empfohlen werden (mehr dazu in diesem Abschnitt).  

Folat wird „nachgebaut“ 

Im Gegensatz dazu wird Folsäure (Pteroylmonoglutamat) vor allem für Nahrungsergänzungsmittel und damit angereicherte Lebensmittel wie z.B. Speisesalz synthetisch, also künstlich hergestellt. Das in vielen Lebensmitteln natürlicherweise vorhandene Folat wird industriell quasi nachgebaut. Neben der synthetischen Folsäure sind in der EU momentan noch drei weitere synthetisch hergestellte Folat-Quellen zugelassen (Quelle 3):

  • Calcium-L-Methylfolat
  • 5-MTHF-Glucosamin
  • 5-MTHF-Natriumsalz 

Auch diese Substanzen stecken vor allem in Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) und damit angereicherten Lebensmitteln, die in Deutschland verkauft werden dürfen. Die folgende Tabelle zeigt dir die häufigsten Lebensmittel, die mit künstlichen Folat-Quellen angereichert sind (Quelle 4):

Lebensmittel

Folsäuregehalt (Mikrogramm pro 100 Gramm beziehungsweise Mikrogramm pro 100 Milliliter)

 

Säfte und Erfrischungsgetränke

30-245 µg

Müsli, Frühstückszerealien

170-340 µg

Kakaopulver

194-286 µg

Milchprodukte

9-82 µg

Margarine

100-1000 µg

Fertigsuppen

18-25 µg

Süßwaren

47-800 µg

Sport-/Diätprodukte

13-600 µg

Brotbackmischungen

≤ 125 µg

Speisesalz

10.000 µg*


* 100 Gramm Speisesalz nimmt natürlich normalerweise niemand zu sich. Empfohlen werden allgemein weniger als 6 Gramm pro Tag. Das wären etwa 600 µg Folat.

Folsäure ist nicht gleich Folsäure

Sowohl natürliches Folat (Vitamin B9) aus Lebensmitteln also auch synthetische Folat-Quellen wie Folsäure aus NEM oder damit angereicherten Lebensmitteln müssen im Körper zunächst umgewandelt werden, bevor sie von ihm genutzt werden können. Dies geschieht vor allem in der Leber, wo aus den unterschiedlichen Folaten sogenannte Tetrahydrofolate (THF) werden. Diese THF werden anschließend in alle Zellen des Körper weitertransportiert, wo sie sehr wichtige Aufgaben übernehmen (mehr dazu in diesem Abschnitt).

Allerdings unterscheiden sich natürliche und synthetisch hergestellte Folate in ihrer Bioverfügbarkeit. Das bedeutet: Abhängig davon, woher ein Folat stammt, kann es der Körper unterschiedlich gut aufnehmen und verwerten. Natürliche Folate aus Lebensmitteln werden etwa zu 50 bis 70% vom Körper verwertet. Von synthetischen Folat-Quellen können dagegen bis zu 93% aufgenommen werden, wenn sie auf nüchternen Magen eingenommen wird.

Ausgeglichene Verhältnisse

Diese Unterschiede müssen berücksichtigt werden, wenn es z.B. darum geht, festzulegen, wie hoch die tägliche Folat-Zufuhr idealerweise sein sollte. Aus diesem Grund wurden sogenannte Folatäquivalente (FA) eingeführt. So werden sie berechnet:

1 Mikrogramm (µg) natürliches Folat aus Lebensmitteln entspricht 1 µg Folatäquivalent (FA). Beispiel: 100 Gramm Spinat enthalten etwa 140 µg Folat, die demzufolge 140 µg Folatäquivalent entsprechen.

 1 Mikrogramm (µg) synthetisches Folat, z.B. aus einem Nahrungsergänzungsmittel entspricht 1 µg Folatäquivalent (FA) multipliziert mit 1,7 (wenn es mit der Nahrung aufgenommen wird). Bespiel: 400 µg synthetische Folat entsprechen 680 µg (1,7 x 400 µg) Folatäquivalent.

Würde eine Person also heute 50 Gramm Spinat essen und ein NEM mit 400 µg Folsäure zu sich nehmen, käme sie auf eine Gesamtmenge von 750 µg (70 µg + 680 µg) Folatäquivalent. Wenn du herausfinden willst, wie viel Folsäure, genauer gesagt, wie viel Folat du an einem Tag zu dir genommen hast und ob diese Menge die empfohlene Tageszufuhr bereits abdeckt, können dir diese Rechnungsbeispiele ebenfalls helfen.

Wozu braucht der Körper Folsäure und Folate?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir mit dir einmal in den Biologie-Unterricht zurückkehren. Du erinnerst dich vielleicht noch daran, dass sich in jeder Zelle beziehungsweise in jedem Zellkern deines Körpers deine Erbanlagen befinden, die sogenannte DNA (Desoxyribonukleinsäure). In diesem komplexen Molekül, einer Doppelhelix, sind alle genetischen Informationen gespeichert. Sie werden vor allem mit den vier Nukleinbasen Adenin (A), Guanin (G), Cytosin (C) und Thymin (T) kodiert.

Jede Kopie ein Original

Jedes Mal, wenn sich eine Zelle teilt, wird eine vollständige Kopie der DNA erstellt, damit alle neuen Zellen über die gleichen genetischen Informationen verfügen. Zudem werden in den Zellen regelmäßig „Arbeitskopien“ von bestimmten Teilen der DNA erstellt, die sogenannte RNA (Ribonukleinsäure). Diese Kopien dienen als „Bauanleitung“ für ganz unterschiedliche Aminosäuren beziehungsweise Proteine (Eiweißmoleküle), die in deinem Körper sehr wichtige Aufgaben übernehmen.

Ohne Folate passieren Fehler

Sowohl bei der Zellteilung und beim Kopieren der DNA als auch bei der Erstellung einer RNA und der Produktion von Proteinen müssen winzige Kohlenstoff-Verbindungen, sogenannte C1-Gruppen, im richtigen Moment übertragen werden – und genau dafür sind die Tetrahydrofolate (THF) verantwortlich. Die Folate arbeiten gewissermaßen wie Postboten, die in deinem Körper dafür verantwortlich sind, winzige Pakete (C1-Gruppen) in deinen Zellen auszuliefern, damit diese alle notwendigen Bausteine für die DNA und die RNA herstellen können. Ohne Folate kann z.B. der DNA-Baustein Thymin nicht zuverlässig gebildet werden.

Damit ist auch klar, warum Schwangere einen erhöhten Folat-Bedarf haben: Damit ein neuer kleiner Mensch innerhalb von neun Monaten heranwachsen kann, sind unglaublich viele Zellteilungen in relativ kurzer Zeit notwendig, für die ausreichend Folate zur Verfügung stehen müssen, damit beim Kopieren der Erbanlagen (DNA) möglichst keine Fehler passieren (mehr dazu in diesem Abschnitt).

Wie viel Folsäure brauche ich?

Du ahnst es jetzt vielleicht schon, korrekterweise muss die Frage lauten: Wie viel Folat brauche ich? Die Antwort hängt zum einen davon ab, wie alt du bist und zum anderen davon, ob du schwanger bist oder gerade stillst. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die Österreichische Gesellschaft für Ernährung und die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (D-A-CH) empfehlen, folgende Folatäquivalente (FA) pro Tag zu sich zu nehmen. Bitte unbedingt den wichtigen Hinweis unter der Tabelle beachten. (Quelle 5):

Personengruppe

Mikrogramm (µg) Folatäquivalent (FA) pro Tag

 

 

4- bis Unter-7-Jährige

140 µg FA

7- bis Unter-10-Jährige

180 µg FA

10- bis Unter-13-Jährige

240 µg FA

13- bis Unter-15-Jährige

300 µg FA

15- bis Unter-19-Jährige*

300 µg FA

Erwachsene*

300 µg FA

Schwangere*

550 µg FA

Stillende

450 µg FA

 

* Wichtig: Frauen, die schwanger werden wollen oder könnten, sollten täglich zusätzlich zu einer folatreichen Ernährung 400 µg synthetische Folsäure in Form eines Präparats einnehmen!

Gute Folat-Quellen

Du willst dich folatreich(er) ernähren? Dann solltest vor allem grünes (Blatt-)Gemüse, Salate, Tomaten, Hülsenfrüchte, Nüsse, Orangen, Sprossen, Weizenkeime, Vollkornprodukte, Kartoffeln sowie Eier und – wenn du nicht schwanger bist – gelegentlich Leber auf deinen Speisenplan schreiben.

Die folgende Tabelle mit Lebensmitteln, die eine nennenswerte Menge an Folaten enthalten, kann dir dabei helfen, deine tägliche Folat-Zufuhr zu verbessern. Die Lebensmittel sind für dich in der ersten Spalte alphabetisch sortiert. In Spalte zwei findest du übliche Portionsgrößen und in Spalte drei den jeweiligen Folat-Gehalt in Mikrogramm (µg). Lebensmittel mit besonders hohem Folat-Gehalt sind farblich hervorgehoben (Quelle 6). Viel Spaß beim Kombinieren! 

 

Lebensmittel

 

Portionsgröße

Folat-Gehalt in Mikrogramm

Banane

1 Stück (135 g)

19 µg

Camembert (30% Fett)

60 g

86 µg

Eier (gekocht)

1 Stück (60 g)

35 µg

Erdbeeren (frisch)

125 g

55 µg

Erdnüsse (ungesalzen)

30 g

51 µg

Feldsalat

100 g

145 µg

Gouda Käse (30% Fett)

2 Scheiben (60 g)

24 µg

Haferflocken

6 EL (65 g)

57 µg

Joghurt (1,5% Fett)

1 Becher (150 g)

20 µg

Kartoffeln (geschält, gekocht)

200 g

16 µg

Kiwi

2 Stück (90 g)

18 µg

Kohlrabi (roh)

1 Stück (100 g)

70 µg

Kräuterquark (20% Fett)

3 EL (90 g)

34 µg

Kuhmilch (1,5% Fett)

1 Glas (200 g)

16 µg

Kürbiskerne

1 EL (20 g)

10 µg

Mango

60 g

22 µg

Mohrrübe (roh)

2 Stück (200 g)

34 µg

Orange

1 Stück (180 g)

40 µg

Quark (20% Fett)

2 EL (60 g)

10 µg

Rote Gemüsepaprika (roh)

150 g

83 µg

Sauerkirschsaft

1 Glas

90 µg

TK-Blattspinat

150 g

158 µg

TK-Blumenkohl (gegart)

100 g

24 µg

TK-Erbsen (gegart)

150 g

177 µg

TK-Grünkohl (gekocht)

150 g

96 µg

TK-Himbeeren (gekocht)

150 g

24 µg

TK-Lachs (gegart)

150 g

57 µg

Vollkornbrot

2 Scheiben (100 g)

34 µg

Vollkorntoast

2 Scheiben (60 g)

35 µg

Wildreis (gekocht)

6 EL (180 g)

45 µg

 

Diese Folat-Quellen sind für Schwangere nicht geeignet

Die meisten folatreichen Lebensmittel aus der vorherigen Tabelle können auch werdende Mütter gefahrlos genießen. Auf folgende Folat-Quellen sollten Schwangere aber lieber verzichten:

  • Leber: Sie enthält zwar sehr viel Folat (Rinderleber: ca. 300 µg Folat pro 100 g, Hühnerleber: ca. 560 µg Folat pro 100 g, Schweineleber: ca. 230 µg Folat pro 100 g), aber auch viel Retinol (Vitamin A), das du vielleicht als Inhaltsstoff aus Kosmetikprodukten kennst. Retinol kann die Regeneration von Hautzellen fördern. Aber genau diese Eigenschaft kann in sehr seltenen Fällen zu Fehlbildungen beim Embryo führen. Deshalb sollten Schwangere und Stillende lieber keine Leber zu sich nehmen und auf die äußere Anwendung von Retinol verzichten.
  • Sprossen: Kresse, Alfalfa- oder Mungbohnen-Sprossen sind ebenfalls gute Folat-Quellen. Rohe Sprossen können aber mit Bakterien wie Salmonellen oder Listerien kontaminiert sein, die bei Schwangeren gefährliche Infektionen auslösen können. Sie sollten daher entweder auf rohe Sprossen verzichten oder diese vor dem Verzehr ausreichend erhitzen. 
  • Blattgemüse: Auf Salat, Spinat oder Grünkohl müssen Schwangere zwar nicht verzichten, sollten aber immer darauf achten, diese schmackhaften Folat-Quellen vor dem Verzehr gründlich zu waschen oder, wenn nötig, zu kochen. Sonst besteht die Gefahr, dass sich auf dem Blattgemüse Bakterien oder Parasiten befinden, die ebenfalls gefährliche Infektionen auslösen können.
  • Weichkäse: Käsesorten wie Camembert, Brie oder Blauschimmelkäse enthalten ebenfalls Folat. Hier sollten Schwangere auf Produkte aus pasteurisierter Milch zurückgreifen. Nicht pasteurisierte Weichkäse können ebenfalls Bakterien (Listerien) enthalten, die für werdende Mütter gefährlich sein können.
  • Eier: Auch bei dieser Folat-Quelle besteht das Risiko, dass sie mit Bakterien (Salmonellen) kontaminiert ist, wenn sie vor dem Verzehr nicht vollständig gekocht wird. Schwangere sollten daher auf rohe Eier und z.B. Speisen auf wie Mayonnaise oder Tiramisu lieber verzichten.

Aber bleiben dann nicht trotzdem genug natürliche Folat-Quellen übrig, mit denen Schwangere ihren täglichen Folat-Bedarf decken können? Nein, leider nicht. Und das hat mehrere Gründe.

Erhöhter Folat-Bedarf bei Schwangeren

Wie du vielleicht schon gelesen hast (oder hier nochmal nachlesen kannst), spielen Folate beziehungsweise Tetrahydrofolate (THF), die dein Körper aus den Folaten gewinnt, vor allem bei der Zellteilung eine entscheidende Rolle. Und gerade zu Beginn der Schwangerschaft, nachdem sich die befruchtete Eizelle in der Gebärmutter eingenistet hat und sich daraus ein winziger Embryo entwickelt, finden enorm viele Zellteilungen in relativ kurzer Zeit statt.

Das ist der Grund, warum werdende Mütter einen höheren Folat-Bedarf haben. Während andere Erwachsene täglich etwa 300 Mikrogramm µg Folatäquivalente (FA) zu sich nehmen sollten, benötigen schwangere Frauen etwa 550 µg Folatäquivalente (FA). Diese höhere Menge ist vor allem entscheidend für die Entwicklung des Nervensystems des ungeborenen Kindes (mehr dazu in diesem Abschnitt). Doch diese Menge mit folatreichen Lebensmitteln zu decken, ist kaum möglich. Dafür müsstest du z.B. täglich 400 Gramm Spinat oder 500 Gramm Linsen essen – nur schwer umsetzbar und auch nicht besonders schmackhaft.

Hinzukommt, dass natürliche Folate aus Lebensmitteln eine geringere Bioverfügbarkeit aufweisen als synthetisch hergestellte Folate (mehr dazu in diesem Abschnitt). Auch deshalb sind Nahrungsergänzungsmittel deutlich effizienter, wenn es darum geht, in der Schwangerschaft sicherzustellen, dass ausreichend Folate im Körper vorhanden sind.

Folate sind empfindlich

Darüber hinaus können natürliche Folate in Lebensmitteln schnell verloren gehen, wenn diese falsch gelagert, verarbeitet oder zubereitet werden. Wird z.B. folatreiches Gemüse zu lange gekocht, kann dadurch sein Folat-Gehalt schlimmstenfalls um bis zu 90% schwinden. Deshalb solltest du Gemüse, nicht nur solches mit hohem Folat-Gehalt, lieber dämpfen, blanchieren (kurz erhitzen) oder bei niedrigen Temperaturen garen.

Natürliche Folate (Vitamin B9) sind zudem gut wasserlöslich, können also u.a. leicht ins Kochwasser übergehen. 100 Gramm Brokkoli oder Spargel enthalten roh z.B. jeweils etwa 108 Mikrogramm (µg) Folat. Werden sie jedoch in Wasser gekocht, können bis zu 70% der Folats verloren gehen, was bedeutet, dass am Ende nur 30 Mikrogramm (µg) Folat pro 100 Gramm übrig bleiben. Eine Möglichkeit, diesen Verlust zu verringern, besteht darin, das Kochwasser z.B. für Suppen oder Saucen weiterzuverwenden.

Zudem kann natürliches Folat verloren gehen, wenn Lebensmittel zu lange und unter (Tages-)Lichteinwirkung gelagert werden, denn: (Tages-)Licht beschleunigt den Vitaminverlust. Frische Lebensmittel solltest du daher möglichst dunkel und kühl aufbewahren.

Viele Folat-Quellen, trotzdem unterversorgt

Die Wahrscheinlichkeit, dass Lebensmittel nicht mehr den natürlichen Folat-Gehalt aufweisen, den sie eigentlich beinhalten könnten, liegt also relativ hoch. Dieser Umstand liefert zumindest einen Teil der Erklärung dafür, dass die durchschnittliche Folat-Zufuhr bei Erwachsenen hierzulande eben nicht wie empfohlen bei 300 Mikrogramm, sondern bei Frauen nur bei 184 Mikrogramm und bei Männern lediglich bei 207 Mikrogramm pro Tag liegt, also eindeutig unter der aktuellen Empfehlung. Dies ist zwar noch nicht für einen Folat-Mangel gleichzusetzen, erhöht jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Unterversorgung kommt (Quelle 7).

Bei Schwangeren hat die Weltgesundheitsorganisation WHO sogar noch strengere Empfehlungen für die Folat-Versorgung herausgegeben (Quelle 8). Diese beziehen sich auf die sogenannte Erythrozyten-Folat-Konzentration, eine Art Langzeit-Status, der angibt, wie viel Folat in den roten Blutkörperchen gespeichert ist. Bei Erwachsenen sollte er idealerweise über 340 ng/ml (Nanogramm pro Milliliter) Blut liegen. Doch bei werdenden Müttern sollten es mindestens 400 ng/ml sein. Untersuchungen zeigen, dass auch hierzulande bis zu 95 von 100 schwangeren Frauen diese Empfehlung der WHO nicht erfüllen (Quelle 9).

Folat-Tabletten: Zuverlässig versorgt

Es ergibt also durchaus Sinn, wenn du dich folatreich ernährst und die vielen schmackhaften natürlichen Folat-Quellen häufiger für dich nutzt. Aber: Wenn du schwanger werden willst oder bereits schwanger bist, reicht das auf keinen Fall aus. Dann solltest unbedingt jeden Tag ein Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, das deinen Körper zusätzlich mit 400 Mikrogramm Folsäure versorgt. Der Vorteil: Durch die deutlich höhere Bioverfügbarkeit synthetisch hergestellter Folate kann dein Körper sie fast zu 100 Prozent verwerten. Und: Du kannst dich und dein Baby jeden Tag zuverlässig mit der gleichen Folat-Menge versorgen und musst dir keine Gedanken darüber machen, wie viel Folat ein Lebensmittel eventuell bereits verloren hat, weil es falsch zubereitet und/oder falsch gelagert wurde.



Ganz wichtig: Bevor du dir ein Folsäure-Präparat besorgst, solltest du unbedingt mit deiner Frauenärztin oder deinem Frauenarzt darüber sprechen, welches Produkt und welche Dosierung für dich und dein Baby am besten geeignet sind. Vor allem, wenn du bereits schwanger bist, aber bislang noch keine Folsäure oder andere synthetische Folate eingenommen hast, solltest du täglich nicht nur 400, sondern lieber 800 Mikrogramm zusätzlich zu dir nehmen.

Welche Folgen hat Folat-Mangel     

Folate spielen vor allem bei der Zellteilung und der Herstellung von Aminosäuren und Proteinen in den Zellen eine Schlüsselrolle (mehr dazu in diesem Abschnitt). Damit im Bauch der Mutter ein gesundes Baby heranwachsen kann, sind extrem viele Zellteilungen in relativ kurzer Zeit notwendig. Aus diesem Grund haben Schwangere einen erhöhten Folat-Tagesbedarf, der sich nicht allein mit einer folatreichen Ernährung decken lässt (mehr dazu in diesem Abschnitt). Frauen die schwanger werden wollen oder bereits schwanger sind, sollten daher täglich 400 Mikrogramm (µg ) Folsäure oder eine andere synthetische Folat-Quelle in Form eines Nahrungsergänzungsmittels zu sich nehmen, lautet u.a. die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO. 

Zwei vermeidbare Risiken

Was können die Folgen sein, wenn werdende Mütter dieser Empfehlung nicht folgen (können), obwohl immerhin 70 von 100 Schwangerschaften hierzulande geplant sind (Quelle 10)? Am häufigsten kann es dann zu sogenannten Neuralrohrdefekten (NRD) kommen. Dazu gehört z.B. die Spina bifida (ugs. „offener Rücken“) oder die Anencephalie, durch die beim Baby schlimmstenfalls Teile des Gehirns oder des Schädels fehlen können.

Das sogenannte Neuralrohr bildet sich bereits in den ersten vier Wochen nach der Befruchtung. Um den 28. Schwangerschaftstag herum schließt es sich vollständig. Aus dem Neuralrohr gehen dann später das Gehirn und das Rückenmark des Babys hervor. Folsäure beziehungsweise die Folate, die der Körper daraus bildet, unterstützen vor allem die vollständige Schließung des Neuralrohr. 

Nach Angaben des Arbeitskreises Folsäure und Gesundheit kommt es hierzulande nach wie vor bei etwa einer von 1000 Schwangerschaften zu einem Neuralrohrdefekt. Da schwere Neuralrohrdefekte mit teils erheblichen körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen einhergehen, entschließen sich bis zu 90 Prozent der Eltern zu einer vorzeitigen Beendigung der Schwangerschaft, die psychisch und körperlich umso belastender ist, je weiter die Schwangerschaft fortgeschritten ist (Quelle 11).

Mehrere große Studien, durchgeführt in unterschiedlichen Ländern, zeigen inzwischen, dass eine ausreichende Versorgung mit Folsäure beziehungsweise Folat in der Schwangerschaft das Risiko, dass sich ein Neuralrohrdefekt entwickelt, um bis zu 70 Prozent senken kann (Quelle 12).

Folat für ein gesundes Herz

Laut dem Arbeitskreis Folsäure und Gesundheit kommen hierzulande außerdem etwa acht von 1000 Kinder mit angeborenen Herzfehlern zur Welt. Auch hier mehren sich die Hinweise, dass sie bei Babys häufiger auftreten, deren Mütter vor und in der Schwangerschaft nicht ausreichend mit Folsäure beziehungsweise Folat (Vitamin B9) versorgt waren. Dieser Zusammenhang muss zwar noch genauer erforscht werden, doch vieles spricht schon jetzt dafür, dass die Einnahme von Folsäure das Risiko, dass sich angeborene Herzfehler entwickeln, ebenfalls um fast 20 Prozent senken kann (Quelle 13 und 14).

Eine weitere Fehlbildung, die möglicherweise durch die Einnahme von Folsäure in der Schwangerschaft verhindert werden kann, sind sogenannte Lippen-, Kiefer- oder Gaumenspalten. Sie können, ähnlich wie die Neuralrohrdefekte, bereits in der frühen Schwangerschaft auftreten, wenn sich Teile des Gesichts beim Fötus nicht richtig miteinander verbinden. Etwa eines von 600 Kindern kommt hierzulande mit einer Lippen-, Kiefer- oder Gaumenspalte zur Welt. Die wissenschaftlichen Belege dafür, dass die Einnahme von Folsäure in der Schwangerschaft davor schützen kann, sind zwar noch nicht so eindeutig wie bei den Neuralrohrdefekten, aber bislang vorliegende Studien sprechen doch eher dafür als dagegen (Quelle 15 und 16). 

Folat auch werdende Väter empfehlenswert

Entscheidet sich ein Paar dafür, ein Kind zu bekommen, sollte es jedoch nicht nur die Aufgabe der zukünftigen Mutter sein, sich rechtzeitig um einen ausreichenden Folat-Status zu kümmern. Inzwischen sprechen mehrere Studien dafür, dass sich eine folatreiche Ernährung und die zusätzliche Einnahme von Folsäure auch positiv auf die Fruchtbarkeit und die Spermienqualität des Mannes auswirken kann (Quelle 17). Nicht nur die werdende Mutter, sondern auch der zukünftige Vater sollte sich also einmal ärztlich beraten lassen, welches Nahrungsergänzungsmittel und welche Dosierung für ihn am besten geeignet ist.

Nicht nur bei der Familienplanung wichtig        

Wir wollen dich mit dieser Seite natürlich vor allem dabei unterstützen, bestmöglich mit Folsäure beziehungsweise Folat versorgt zu sein, wenn du schwanger werden möchtest oder bereits schwanger bist. Eine unzureichende Versorgung mit Folat kann sich aber in anderen Lebensphasen ebenfalls ungünstig auswirken. Deshalb wollen wir darauf ebenfalls kurz eingehen. 

Denn Folat spielt nicht nur bei der Zellteilung eine entscheidende Rolle: Zusammen mit der Vitaminen B6 und B12 sorgt Folat im Körper darüber hinaus dafür, dass die Aminosäure Methionin vollständig verarbeitet und genutzt werden kann. Aminosäuren sind „Bausteine“ aus denen (lebens-)wichtige Proteine zusammengesetzt werden. Methionin gehört dabei zu den essentiellen Aminosäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Methionin kommt vor allem in proteinreichen Lebensmitteln vor, wie z.B.: Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen.

Fehlt Folat (oder Vitamin B6 oder Vitamin B12), kann sich im Körper ein Zwischenprodukt ansammeln, das bei der Verstoffwechselung von Methionin normalerweise schnell wieder verschwindet: Homocystein. Dabei handelt es sich um eine schwefelhaltige Aminosäure. Erhöhte Homocystein-Werte, eine sogenannte Hyperhomocysteinämie, werden mittlerweile mit mehreren gesundheitlichen Risiken in Verbindung gebracht:

  • Homocystein kann die innere Auskleidung der Blutgefäße, das sogenannte Endothel, schädigen und dadurch Ablagerungen und Entzündungen begünstigen. Dadurch kann es im weiteren Verlauf zu Gefäßverschlüssen (Thrombosen) und Gefäßverhärtungen (Arteriosklerose ) kommen, die schlimmstenfalls einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall auslösen können. In der sehr bekannten Nurses’ Health Study, in der 80.0000 Amerikanerinnen 14 Jahre lang regelmäßig zu ihren Ernährungsgewohnheiten und ihrem Gesundheitsstatus befragt wurden, zeigte sich z.B., dass jene Frauen mit der niedrigsten Folat-Aufnahme das höchste Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufwiesen. Jene Frauen mit der höchsten Folat-Aufnahme zeigten dagegen ein um 45 Prozent gemindertes Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung (Quelle 18). 
  • Darüber hinaus gibt es immer mehr Hinweise, dass Homocystein auch Nervenzellen und die sogenannte Blut-Hirn-Schranke schädigen kann. Beides könnte zu einer Erhöhung des Demenz-Risikos beitragen. Bei Menschen, die sich folatreich ernähren und zusätzlich ein folathaltiges Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, sinkt der Homocystein-Spiegel dagegen messbar ab. Das Nachlassen der kognitiven Fähigkeiten konnte so verlangsamt werden (Quelle 19).

Wer vorbeugen und dafür sorgen will, dass sein Homocystein-Spiegel gar nicht erst gefährlich ansteigt, sollte jedoch nicht gleich zum erstbesten Nahrungsergänzungsmittel greifen, sondern sich ebenfalls erst ärztlich beraten lassen, welches Produkt und welche Dosierung dafür am besten geeignet sind. Eine folatreiche Ernährung gehört auf jeden Fall dazu.

Folat-Mangel und Medikamente

Viele Menschen mit Rheuma oder einer Krebserkrankung werden mit dem Arzneimittel Methotrexat (MTX) behandelt. MTX blockiert im Körper den letzten Umwandlungsschritt zwischen Folsäure und Tetrahydrofolat (THF). Dadurch kann es ebenfalls zu einem Folat-Mangel kommen. Daher wird Personen, die mit MTX behandelt werden, ebenfalls empfohlen, Folsäure einzunehmen. Solltest du zu diesem Personenkreis gehören, besprich am besten mit deiner Ärztin oder deinem Arzt, welches Folsäure-Präparat und welche Dosierung für dich am besten geeignet sind.

Zudem können einige Medikamente gegen epileptische Anfälle (Antikonvulsiva) sowie die langfristige Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln den Folat-Spiegel senken. Auch dann kann die regelmäßige Einnahme eines folathaltigen Präparats sinnvoll sein, die du aber zuvor immer mit deiner Ärztin oder deiner Ärztin besprechen solltest. 

Kann zu viel Folsäure schaden?

Es verhält sich zwar grundsätzlich so, dass der Körper überschüssige Folsäure wieder ausscheiden kann. Trotzdem kommt es auch bei dieser Frage darauf, woher die Folsäure beziehungsweise das Folat stammt, das du zu dir nimmst. Für natürliche Folate aus Lebensmitteln wie Spinat, Linsen oder Brokkoli (weitere Beispiele findest du in diesem Abschnitt) hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) keine Tageshöchstmenge (Tolerable Upper Intake Level, UL) festgelegt. Das bedeutet: Von diesen Lebensmitteln darfst du jeden Tag so viel essen, wie du magst.

Achtung: Für Lebensmittel, die mit synthetischen Folat-Quellen angereichert wurden (die häufigsten findest du in diesem Abschnitt) gilt das ausdrücklich nicht. Auch für Nahrungsergänzungsmittel, die synthetische Folat-Quellen enthalten, hat die EFSA erst kürzlich wieder Tageshöchstmengen (UL) festgelegt. Die nachfolgende Tabelle gibt dir einen Überblick (Quelle 20):

Altersgruppe

Tageshöchstmenge (UL) in Mikrogramm (µg)

4 bis < 7 Jahre

300 µg

7 bis < 10 Jahre

400 µg

10 bis < 13 Jahre

600 µg

13 bis < 15 Jahre

600 µg

15 bis < 19 Jahre

800 µg

Erwachsene

1000 µg

Schwangere

1000 µg

Stillende

1000 µg

    

Liegt bei Erwachsenen ein deutlicher Folat-Mangel vor, dürfen sie zwar für eine gewisse Zeit bis zu 15 Milligramm (mg) Folsäure pro Tag einnehmen, verteilt auf mehrere Einzeldosen, aber eine solche „Kur“ sollte nur nach ärztlicher Anordnung und unter ärztlicher Überwachung erfolgen und nicht in Eigenregie durchgeführt werden. Das gilt im Übrigen auch für Menschen, die mit dem Medikament Methotrexat (MTX) behandelt werden. 24 bis 48 Stunden nach der MTX-Gabe können auch sie bis zu 10 Milligramm Folsäure einnehmen, jedoch nur, wenn dies eine Ärztin oder ein Arzt so entschieden hat und die Behandlung begleitet.

Versteckter Vitamin-B12-Mangel

In sehr seltenen Fällen können hoch dosierte Folsäure-Präparate Magen-Darm-Probleme, innere Unruhe, Schlafstörungen, Depressionen oder allergische Reaktionen auslösen. Vor der regelmäßigen Einnahme von Folsäure-Präparaten sollte aber vor allem bei älteren Menschen abgeklärt werden, ob bei ihnen eine unzureichende Versorgung mit Vitamin B12 (Cyanocobalamin) vorliegt. 

Auch Vitamin B12 ist wichtig für die Zellteilung. Zu einem Mangel kann es z.B. durch eine vegane Ernährung oder regelmäßigen Alkoholkonsum kommen. Würde in diesem Fall, bei einer sogenannten perniziösen Anämie, lediglich Folsäure eingenommen, würde dadurch der Vitamin-B12-Mangel noch verstärkt werden (Quelle 21). Auch aus diesem Grund sollte die Einnahme von Folsäure immer mit einer Ärztin oder einem Arzt besprochen werden. 

Möglicher Rückkopplungseffekt

Zudem nehmen einige Forschende mittlerweile an, dass es durch zu hohe Folat-Konzentrationen zu einem ungünstigen Rückkopplungseffekt kommen könnte: Infolgedessen könnte im Körper weniger Methylentetrahydrofolatreduktase (MTHFR) zur Verfügung stehen, ein Enzym, welches bei der Umwandlung von Folaten eine wichtige Rolle spielt. Darüber hinaus ist MTHFR an der Bildung von sogenannten C1-Grupppen beteiligt (mehr dazu in diesem Abschnitt). Durch zu hohe Folat-Konzentrationen könnte also auch dieser wichtige Prozess herunterreguliert werden (Quelle 21).

Wie gesagt: Diese Risiken sehen die Forschenden lediglich im Zusammenhang mit der Einnahme von synthetischen Folat-Quellen (Nahrungsergänzungsmitteln) und beim Verzehr von damit angereicherten Lebensmitteln. Und vor diesem Hintergrund hat z.B. auch das Bundesinstitut für Risikobewertung erst kürzlich erneut davon abgeraten, weitere Lebensmittel wie z.B. Mehl standardmäßig mit synthetischen Folaten anzureichern, wie es in einigen anderen Ländern geschieht (Quelle 4).

Folsäure eingenommen, Zwillinge bekommen?

Die Sorge, dass durch die zusätzliche Einnahme von Folsäure in der Schwangerschaft häufiger Zwillinge oder sogar Drillinge geboren werden, hält sich hartnäckig. Doch die wenigen Untersuchungen, die vor längerer Zeit in diese Richtung wiesen, haben einen wichtigen Faktor im Hintergrund außer Acht gelassen: Die Frage, ob die Mehrlinge auf natürlichem Weg oder durch eine künstliche Befruchtung (In-Vitro-Fertilisation, IVF) entstanden waren. Wurden aber IVF-Schwangerschaften in den entsprechenden Studien ausgeschlossen, zeigte sich, dass die zusätzliche Einnahme von Folsäure das Risiko, Mehrlinge zu bekommen, nicht erhöht (Quelle 22). 

Vorsicht bei Multivitamin-Präparaten

Das Angebot an Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) mit Folsäure in Supermärkten und Drogerien ist recht groß. Doch in Tests schneiden nicht alle diese Präparate gut ab. Vor allem, weil sie neben Folsäure noch weitere Nährstoffe in Mengen enthalten, die vor allem für Schwangere bestenfalls überflüssig, schlimmstenfalls sehr problematisch sein können.

Greif also nicht unüberlegt ins NEM-Regal, sondern lies dir die Angaben auf der Verpackung genau durch. Lass dich in deiner Apotheke, von deiner Ärztin oder deinem Arzt beraten, welches Folsäure-Präparat und welche Dosierung für dich am besten geeignet sind.

Stand Oktober 2024

 

Quellen:

 

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  2. Bitzer J, von Stenglin A, Bannemerschult R. Women's awareness and periconceptional use of folic acid: data from a large European survey. Int J Womens Health. 2013 Apr 26;5:201-13. doi: 10.2147/IJWH.S40149. PMID: 23658501; PMCID: PMC3643291.
  3. Bässler KH, Golly I, Loew D, Pietrzik K: Vitamin-Lexikon für Ärzte, Apotheker und Ernährungswissenschaftler. 3. Auflage. München/Jena: Verlag Urban & Fischer 2002.
  4. Bundesinstitut für Risikobewertung. (2024). Aktualisierung (2024): Höchstmengenvorschläge für Folsäure in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln: Stellungnahme Nr. 009/2024 des BfR vom 22. Februar 2024. In BfR-Stellungnahmen (Vol. 2024, Issue 9). Bundesinst. für Risikobewertung. https://doi.org/10.17590/20240222-142128-0
  5. Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährung. Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Vollständige Überarbeitung des Kapitels Vitamin B12 und Aktualisierung des Kapitels Folat in der 2. Auflage. 4. aktualisierte Ausgabe 2018. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V., Bonn.
  6. Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), Ausgewählte Fragen und Antworten zu Folat, Dezember 2018, Bonn, Seite 5, https://www.dge.de/fileadmin/dok/gesunde-ernaehrung/faq/DGE-FAQ-Folat-2018.pdf
  7. Krems C, Walter C, Heuer T et al. (2012) Lebensmittelverzehr und Nährstoffzufuhr – Ergebnisse der Nationalen Verzehrsstudie II. In: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.) 12. Ernährungsbericht 2012, Bonn, S. 40-85; https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/folat/ (zuletzt abgerufen im Oktober 2024)
  8. WHO recommendations on antenatal care for a positive pregnancy experience; https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/250796/9789241549912-eng.pdf (zuletzt abgerufen im Oktober 2024)
  9. Mensink GBM, Weißenborn A, Richter A (2016) Folatversorgung in Deutschland. Journal of Health Monitoring 1(2): 26–30 DOI 10.17886/RKI-GBE-2016-034.2           
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