Übergewicht und Adipositas nehmen weltweit zu. Ein neuer Bericht der WHO (Weltgesundheitsorganisation) zeigt, dass die Raten von Übergewicht und Adipositas mittlerweile das Ausmaß einer Epidemie angenommen haben. Adipositas ist auch bekannt unter Begriffen wie Fettleibigkeit, starkes Übergewicht oder Obesitas. Es handelt sich um gesundheitliche Zustände, bei denen der Körperfettanteil über das normale Maß hinausgeht.
Übergewicht und Adipositas sind mit zahlreichen Risiken und Folgen verbunden. So sind sie nicht nur Verursacher von vielerlei Beschwerden, sondern können die Entwicklung chronischer Krankheiten wie Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen.
Nach der letzten Auswertung des Robert Koch-Institut (RKI), dem führenden Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit in Deutschland, waren etwa 67% der Männer und 53% der Frauen in Deutschland als übergewichtig einzustufen, basierend auf ihrem Body Mass Index (BMI). Dabei gilt ein BMI von 25 bis 29,9 als Übergewicht und ein BMI von 30 und darüber als Adipositas. Besonders bedenklich ist die steigende Rate von Fettleibigkeit (Adipositas), die bei etwa 23% der Erwachsenen liegt.
Das Vorkommen von Übergewicht und Adipositas ist nicht nur bei Erwachsenen ein Problem, sondern betrifft auch Kinder und Jugendliche. Daten zeigen, dass im europäischen Raum nahezu jedes dritte Kind (29% der Jungen und 27% der Mädchen) übergewichtig ist, wobei 6% der Kinder und Jugendlichen als adipös eingestuft werden. Diese Zahlen sind besonders beunruhigend, da Übergewicht in jungen Jahren das Risiko für chronische Krankheiten im Erwachsenenalter erhöht.
Da immer mehr Menschen weltweit starkes Übergewicht haben, steigen auch die damit verbundenen Folgeerkrankungen. Dies führt zu einer hohen Belastung der Gesundheitssysteme, weshalb ein hohes öffentliches Interesse besteht, Bedingungen zu schaffen, unter denen Menschen gesund leben können.
In folgenden Blog-Artikel betrachten wir verschiedene Aspekte von Übergewicht und Adipositas, darunter Synonyme, Ursachen, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.
Was ist Adipositas (extremes Übergewicht) ?
Adipositas, auch Fettleibigkeit genannt, ist eine chronische Krankheit. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) hat Adipositas schon im Jahr 2000 als eigenständige Krankheit klassifiziert. In Deutschland wurde sie allerdings lange Zeit nicht als Krankheit, sondern allein als Risikofaktor für Folgeerkrankungen gesehen. Seit 2020 hat der Deutsche Bundestag sie als eigenständige Erkrankung anerkannt. Deshalb übernehmen auch immer mehr Krankenkassen beispielsweise Ernährungstherapien.
Die Adipositas ist durch ein starkes Übergewicht gekennzeichnet, das aus einer überdurchschnittlichen Vermehrung des Körperfetts resultiert. Übergewicht wird definiert durch einen Body-Mass-Index (BMI) von über 30. Morbide Adipositas bezieht sich auf einen noch schwerwiegenderen Zustand, meist definiert durch einen BMI von über 40, und ist mit einem höheren Risiko für ernsthafte Gesundheitsprobleme verbunden.
Um das persönliche Risiko zu bewerten, ist es wichtig, nicht nur das Gesamtgewicht, sondern auch das Muster der Fettverteilung zu berücksichtigen. Eine Methode, um das Vorkommen von viszeralem Fett (Fett in der freien Bauchhöhle) zu beurteilen, ist die Messung des Umfangs der Taille:
Ein Taillenumfang über 80 Zentimeter bei Frauen und über 94 Zentimeter bei Männern signalisiert ein gesteigertes Risiko für gesundheitliche Komplikationen.
Falls der Taillenumfang bei Frauen 88 Zentimeter und bei Männern 102 Zentimeter übersteigt, liegt eine erheblich erhöhte Gefahr für metabolische sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufgrund von abdominaler Fettleibigkeit vor.
Was sind Ursachen und Risikofaktoren des extremen Übergewichtes?
Die Ursachen von Übergewicht und Adipositas sind vielfältig und umfassen eine Kombination aus genetischen, verhaltensbedingten und umweltbedingten Faktoren. Dazu gehören eine kalorienreiche Ernährung, mangelnde körperliche Aktivität und sozioökonomische Bedingungen.
Starkes Übergewicht, oder Adipositas, tritt auf, wenn die aufgenommene Energiemenge durch Nahrung – gemessen in Kalorien – höher ist als der Energieverbrauch des Körpers. Die zusätzliche Energie speichert der Körper dann in Form von Fett in den Fettzellen.
Hauptgründe für die Entstehung von Adipositas sind eine unausgewogene Ernährung und zu wenig körperliche Aktivität. Auch die Art der Nahrungsmittel spielt eine Rolle. In Deutschland essen wir zum Beispiel im Durchschnitt ca. 70-92 g Fett pro Tag, empfohlen sind aber nur 60-70 g pro Tag.
Auch Fertiggerichte, die in westlichen Ländern häufig verwendet werden (z.B. Großbritannien 51% der Bevölkerung) können ebenfalls Übergewicht fördern. Sie enthalten meist mehr Kalorien, viel Zucker, Salz und Fett, sind aber wenig sättigend.
Neben den oben genannten Hauptgründen für Übergewicht gibt es aber auch noch eine Reihe andere Ursachen:
- Erbliche Einflüsse: Gibt es eine Verbindung zwischen dem Gewicht der Eltern und dem ihrer Kinder? Es scheint, dass in einigen Familien Übergewicht und Adipositas öfter vorkommen als in anderen. Dies deutet darauf hin, dass genetische Faktoren bei der Entwicklung von Übergewicht eine Rolle spielen könnten. Experten glauben, dass die Menge an Kalorien, die der Körper im Ruhezustand verbrennt – der sogenannte Grundumsatz – genetisch bedingt ist.
- Psychische Faktoren: Bei manchen Menschen können Stress, Angstzustände und Depressionen ein gestörtes Essverhalten auslösen. Essen kann eine Bewältigungsstrategie sein. Auffälliges Essverhalten wie zum Beispiel Night eating (Essen in der Nacht), LOC-eating (Essen mit Kontrollverlust), emotional eating (Essen als Reaktion auf negative Gefühle) oder auch häufiges Essen (Knabbern, ständiges snacken etc.) können auf lange Sicht zu Übergewicht und Adipositas führen.
- Bestimmte Medikamente: Medikamente, wie Antidepressiva, Neuroleptika (Antipsychotische Medikamente), kortisonhaltige Medikamente oder auch Diabetes-Medikamente können eine Gewichtszunahme fördern.
- Hormonelle/Stoffwechsel-Erkrankungen: Bedingungen wie Hypothyreose, Insulinresistenz können zu Übergewicht beitragen.
Symptome von Adipositas und Übergewicht
Übergewicht und Adipositas haben Symptome und direkte Folgen:
- Geringere körperliche Belastbarkeit
- Gelenkbeschwerden aufgrund der zusätzlichen Last
- Vermehrtes Schwitzen
- Seelische Probleme wie ein geringes Selbstwertgefühl und Depressionen. Die psychosozialen Auswirkungen können gravierend sein, einschließlich Diskriminierung, sozialer Isolation und beruflicher Nachteile.
Diagnose Adipositas
Die Diagnose von Adipositas basiert primär auf dem BMI, der durch den "Übergewicht Rechner" oder die BMI-Formel ermittelt wird.
Außerdem sind zur genauen Beurteilung wie schon erwähnt auch andere Methoden einzuschließen. So ist die Messung des Taillenumfangs eines der wichtigen Beurteilungskriterien.
Mit Begleituntersuchungen wie Laboruntersuchungen, Blutdruckmessung, EKG und Ultraschall der Leber können begleitende Gesundheitsprobleme beurteilt werden.
Wie kann extremem Übergewicht vorgebeugt werden und was bedeutet hier Früherkennung?
Die Vorbeugung und das frühzeitige Erkennen von starkem Übergewicht, besonders bei Jugendlichen, sind entscheidend, um Langzeitfolgen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Typ 2 und bestimmte Krebsarten zu verhindern. Das A und O der Vorbeugung ist, auf eine gesunde Lebensweise mit bewusster Ernährung und regelmäßiger Bewegung zu achten. Eine regelmäßige Kontrolle des Körpergewichts kann helfen, eine stetige Gewichtszunahme zu erkennen und gleich gegenzusteuern.
Manchmal sind es schon kleine Veränderungen im Alltag, die den Unterschied ausmachen. So kann es schon helfen, die Treppe anstelle des Fahrstuhls zu nutzen oder eine Wegstrecke nicht mit dem Auto, sondern mit dem Fahrrad zu bewältigen. Die Besprechung solcher allgemeinen Maßnahmen ist auch Teil des Arztgesprächs bei der Vorsorgeuntersuchung Check-up 35 oder in Ernährungs- und Lebensstilberatungen.
Wie ist die Prognose bei extremem Übergewicht (Adipositas)?
Der Verlauf und die Prognose von Adipositas können je nach individuellen Faktoren wie dem Grad des Übergewichts, dem Lebensstil und der genetischen Veranlagung stark variieren.
Adipositas entwickelt sich in der Regel schleichend über Jahre. Die Zunahme des Körpergewichts erfolgt oft schrittweise, kann aber auch in Phasen der Stabilität und des schnelleren Gewichtsanstiegs variieren.
Ein wesentliches Merkmal im Verlauf der Adipositas ist die Ansammlung von Körperfett, insbesondere des viszeralen Fetts um die Organe herum. Dieses Fett ist metabolisch aktiv und steht in Verbindung mit verschiedenen Stoffwechselerkrankungen.
Ohne Maßnahmen und Veränderungen im Lebensstil, insbesondere in Bezug auf Ernährung und körperliche Aktivität, tendiert Adipositas dazu, sich zu verschlimmern. Insgesamt verringert sich die Lebenserwartung. Bei 40-Jährigen wird die Lebenserwartung um ca. 3-6 Jahre verringert, extreme Fettleibigkeit kann bis zu 20 Jahre des Lebens kosten.
Wird Adipositas, also extremes Übergewicht, nicht behandelt, so ist sie mit einer erhöhten Sterberate und einem höheren Risiko für zahlreiche Erkrankungen verbunden, darunter:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Dazu gehören Hypertonie, Herzinfarkt und Schlaganfall.
- Metabolische Störungen: Insbesondere Typ-2-Diabetes und Insulinresistenz, metabolisches Syndrom (Übergewicht, hohe Blutfette, Bluthochdruck und erhöhte Blutzuckerwerte)
- Fettleber
- Gicht
- Starkes Schnarchen mit Atemaussetzern (Schlafapnoe genannt)
- Muskel-Skelett-Erkrankungen: Arthrose und Rückenprobleme sind häufige Beschwerden.
- Bestimmte Krebsarten: Übergewicht und Adipositas erhöhen das Risiko für verschiedene Krebsarten, darunter Brust-, Darm- und Prostatakrebs.
- Psychische Probleme: Depressionen und Angstzustände können ebenfalls auftreten.
Hier noch eine gute Nachricht:
Wer abnimmt, kann das Risiko für die genannten Folgeerkrankungen stark senken. Selbst wenn bereits solche Erkrankungen bestehen, kann nach Gewichtsabnahme eine deutliche Besserung oder gar Heilung eintreten.
Wie behandele ich extremes Übergewicht?
Das multimodale Konzept (MMK)
Das “Multimodale Konzept” (MMK) ist ein ganzheitliches Behandlungskonzept, zur Behandlung von Adipositas. Es besteht aus drei großen Säulen: Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltensmaßnahmen. Das MMK findet sich auch in der medizinischen Leitlinie zur “Prävention und Therapie der Adipositas” zusammengefasst.
Ein multimodaler, also ganzheitlicher Ansatz, beinhaltet außerdem psychologische Unterstützung, Ernährungsberatung, Bewegungstherapie und medizinische Betreuung und kann für viele Menschen mit Adipositas am effektivsten sein. Gruppenunterstützung und Gewichtsmanagement Programme können zusätzliche Motivation und Anleitung bieten.
Das MMK ist zwar für Menschen mit einem BMI > 40 kg/m² konzipiert, kann aber natürlich auch bei einem BMI unter 40 zum Einsatz kommen. Es sollte durchgehend über einen Zeitraum von mind. 6-12 Monaten unter ärztlicher Überwachung durchgeführt werden.
Schon eine moderate Gewichtsabnahme von 5-10% des Ausgangsgewichts kann gesundheitliche Risiken deutlich senken.
Nachfolgend haben wir die vorhandenen, Ansätze zur Verbesserung der Prognose zusammengefasst:
- Lebensstiländerungen:
Bewegung: Regelmäßige Bewegung, wie Gehen, Schwimmen oder Radfahren, kann helfen, Kalorien zu verbrennen und die allgemeine Gesundheit zu verbessern. Das Ziel sollte sein, mindestens 150 Minuten mäßig intensiver Aktivität pro Woche zu erreichen.
Ernährung: Um dauerhaft Gewicht abzunehmen, sollte die Ernährung gesund und ausgewogen sein. Auf eine fettarme, kohlenhydrat- (50% der Energiezufuhr) und eiweißreiche (15-20 %) Ernährung ist zu achten. Um Gewicht zu senken, sollte nicht mehr als 50-60 g Fett pro Tag aufgenommen werden. Vor allem sind pflanzliche Fette den tierischen Fetten vorzuziehen.
Der Fettgehalt sollte aber nicht unter 30% gesenkt werden, da sonst Mangelerscheinungen auftreten können.
Die Untergrenze der aufgenommenen Energiemenge liegt bei 1200 Kalorien pro Tag, da es sonst zu einem Nährstoffmangel kommen kann.
Professionelle Ernährungsberatung kann hilfreich sein, um individuell angepasste Ernährungspläne zu entwickeln.
Verhaltensänderungen: Techniken zur Verhaltensänderung, einschließlich Selbstüberwachung, Zielsetzung und Stressmanagement, können dabei helfen, Essgewohnheiten zu verbessern und eine langfristige Gewichtskontrolle zu unterstützen.
- Medikamentöse Behandlung: Für bestimmte Personen kann eine medikamentöse Therapie in Erwägung gezogen werden, insbesondere wenn Lebensstiländerungen allein nicht ausreichen und ein signifikantes gesundheitliches Risiko besteht. Medikamente zur Gewichtsreduktion wirken, indem sie das Hungergefühl reduzieren, die Sättigung erhöhen oder die Fettabsorption im Darm verringern. Es ist wichtig zu beachten, dass diese Medikamente nur in Verbindung mit Lebensstiländerungen eingesetzt werden sollten und unter ärztlicher Aufsicht stehen müssen.
- Chirurgische Therapie: Bei schwerer Adipositas (BMI > 40 oder > 35 mit begleitenden Erkrankungen) kann eine chirurgische Behandlung in Betracht gezogen werden. Zu den gängigen Verfahren gehören:
Magenband: Ein verstellbares Band wird um den oberen Teil des Magens gelegt, um die Nahrungsaufnahme zu begrenzen.
Schlauchmagen: Ein Teil des Magens wird entfernt, um seine Größe zu verringern und die Nahrungsaufnahme zu reduzieren.
Magenbypass: Der Magen wird verkleinert und der Dünndarm umgeleitet, was zu einer verminderten Nahrungsaufnahme und -absorption führt.
Diese Eingriffe können zu einer signifikanten und langfristigen Gewichtsreduktion führen, erfordern jedoch eine lebenslange Verpflichtung zu gesunden Essgewohnheiten und regelmäßiger körperlicher Aktivität. Eine Voraussetzung für die Übernahme der Kosten für eine solche Operation ist das MMK (multimodale Konzept).
Fazit
Adipositas und Übergewicht sind komplexe Zustände mit weitreichenden Folgen für die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden. Es ist wichtig, die individuellen Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten zu verstehen und Betroffene zu unterstützen, damit sie informierte Entscheidungen über ihre Gesundheit treffen können.
Die Bekämpfung von Übergewicht und Adipositas auf gesellschaftlicher Ebene erfordert umfassende Strategien, die auf individueller, gemeinschaftlicher und politischer Ebene ansetzen. Hierzu gehören auch Präventionsprogramme, Bildungsinitiativen und Gesundheitsförderungsmaßnahmen, um das Bewusstsein zu schärfen und gesundheitliche Ungleichheiten zu verringern.
Wenn du selbst von Adipositas betroffen bist oder nach weiterführenden Informationen suchst, zögere nicht, dich an Fachleute im Gesundheitswesen zu wenden – sie stehen bereit, um Unterstützung zu bieten und gemeinsam mit dir den Weg zu einem gesünderen Lebensstil zu gehen.”
Quellen
- RKI- Robert Koch Institut (Gesundheitsmonitoring/Übergewicht und Adipositas)
- Institut für Ernährungsmedizin Klinikum rechts der Isar, TU München
- Internisten im Netz
- WHO Nachrichten/ Neuer Bericht der WHO: Europa kann seine Adipositas-“Epidemie“ umkehren
- AMBOSS